Die “ Hohe Schrecke“ – ein einzigartiges Waldgebiet

Am Fuße der Hohen Schrecke

Zwischen Kyffhäuser und dem Naturpark Saale-Unstrut-Triasland liegt ein kleiner Ort mit malerischem Namen: Ostramondra. Hier trafen wir uns am Wanderparkplatz mit der Landschafts- und Kräuterexpertin Petra, die uns mitnahm auf eine spannende Tour durch das wunderschöne, doch wenig bekannte Waldgebiet der Finne am Fuße der Hohen Schrecke.

Schloss Kirche

Das Wetter bescherte uns den hoffentlich letzten so richtig kalten Schneematschtag dieses Frühlings. Bei zwei Grad über Null stiefelten wir los. Passend zum Palmsonntag 2019 führten uns die ersten Schritte in die barocke Schlosskirche St. Marien. Dort erhielten wir, umgeben von Bildergeschichten der Bibel, aromatisch dampfende Kostproben einer roten und weißen Punsch-Spezialmischung, den uns Petra von einem Kelterer aus dieser interessanten Region mitbrachte.

Die Hohe Schrecke ist ein uralter Wald auf einem Höhenzug nördlich von Weimar und hat tolle Entdeckungen zu bieten: Dicht beeinander findet sich eine goße Vielfalt an Pflanzen, seltenen Tieren und wechselnden Landschaften. Sie zu entdecken starteten wir gegen 10.30 mit Petra neugierig in die Wanderung. Wir kreuzten zunächst einen Radweg, der direkten Anschluss hat an den Unstrut-Radweg und an den Gera-Radweg.

Alter Wald mit Zukunft

Dann kamen wir über Feld- und Wiesenwege zu einem Wasserbüffelgehege und schließlich in den Wald. Ihn in seiner Ursprünglichkeit zu erhalten ist das Ziel des Vereines „Hohe Schrecke – Alter Wald mit Zukunft“. Naturforscher haben herausgefunden, dass auf den gut 70 Quadratkilometern der Hohen Schrecke 15 Urkäferarten zu Hause sind. Und gerade diese Urkäfer sind es, die beweisen, dass dieser Wald wirklich ein Urwald ist. Sie sind winzig klein und können nur dort leben, wo sie ununterbrochen zerfallenes, altes Holz finden. Ihrem Dasein zufolge ist das gesamte Gebiet seit dem Tertiär, also seit vielen Millionen Jahren, ununterbrochen bewaldet.

Genau hier, wo seit Urzeiten immer Wald war, durften wir diese im Frühling so zarte Wildnis auch kulinarisch erkunden: Wir probierten die Blüten der wilden Pflaume und wurden dazu von Petra mit einem selbstgebackenen Kuchen verköstigt. Er trägt den Namen „Blütenexplosion“, und das passte einfach komplett zu der blühenden Pracht um uns herum. Veilchen, Tulpen und Löwenzahn nebst Zitrone und Quark gehören zu den Zutaten und er schmeckte köstlich.

Wir genossen ihn an einer Waldbank, die ein Holzbildhauer der Hohen Schrecke geschaffen hat. Dann wanderten wir frisch gestärkt weiter, kamen am Litterbach entlang und erfuhren dabei einen Kosmos an Kräuterwissen und Pflanzenkunde von Petra. Vom Weltenbaum Esche über Knoblauchrauke und Hasenwurz hin zur Türkenbundlilie. Und weiter: die Frühlingsblatterbse, die in Petras Kindheit Marienschückelchen hieß, weil ihre Blüten kleinen Schuhen ähneln. Auch der Seidelbast, der Lerchensporn und sogar die Winterchristrose säumten unseren Weg.

Steiler Anstieg

Schließlich kämpfen wir uns eine etwas herausfordernde Anhöhe hinauf (das gibt Höhenpunkte im Wanderheft!) und wieder erwartet uns eine pflanzenkundliche Stärkung: Das Gipfelgetränk. Petra ließ uns ihren selbstgemachten Quittenlikör probieren, die Geschmacksnerven jubelten.

Oben auf dem Plateau wanderten wir weiter und wunderten uns über seltsame, wohnzimmergroße Aushebungen im Waldboden. Wir hörten von den Zeiten, als das Dach des Waldes Militärgelände war und hier die Unterstände für Panzerwagen und LKW’s in den Waldboden gegraben wurden. Auch Bunker wurden gebaut, und in denen leben inzwischen die Fledermäuse, wenn es ihnen in den Bäumen noch zu kalt ist. 15 verschiedene Fledermausarten haben inzwischen die Hohe Schrecke als Domizil gewählt. Wir sind keiner begegnet, aber es war ja auch wirklich zu kalt dafür.

Schließlich tauchte vor einem lieblichen Tal ein überdachter Wanderrastplatz auf und wieder wurden wir gelabt. Jetzt zur Mittagspause gab es weitere von Petra selbst hergestellte Kulinarien: Nussbrot mit grünen und roten Dipp, dazu wieder ein edles Elixier: Lindenblütenlikör, der in goldgelben Nuancen leuchtete, super schmeckte und sehr gesund ist.

Toter Baum mit viel Leben

Unser Weg führte uns weiter durch den alten Wald. Wir sahen auch viele umgestürzte Bäume, die den Stürmen und der Trockenheit der letzten Jahre zum Opfer fielen. Wegzeichen leiten durchs Gelände: Rot markiert ist der Weg hier oben. Ein schwarzes Kreuz auf weißem Hintergrund markiert die Wege, die der Verein „Hohe Schrecke“ pflegt. Etliche Wege und Gebiete harren noch der Obhut durch eine hegende Hand und der Verein wird nicht müde, mit den zuständigen Behörden praktische Vorschläge und Möglichkeiten zu diskutieren.

Da geht’s lang

Gegen 14.45 Uhr kamen wir aus der Höhe wieder nach Ostramondra hinab. Als kulinarisches Wald-Adieu durften wir auf dem Wanderpfad noch eine Blätterteigpastete mit Giersch verspeisen. Dann lotste uns Petra über die Landstraße in den Nachbarort und wir erlebten das allerjüngste Projekt der Region: eine Bienen-Kunstaustellung in der gerade gestern eröffneten Bienengartenkirche von Roldisleben. Die Künstlerin Jeanette Zippel führte uns durch ihre Ausstellung und verblüffte uns mit einem Fundus an spannender Bienenerfahrung und überraschenden künstlerischen Verarbeitungsebenen.

Zu guter Letzt machten wir Station im neuen Domizil von Petras Kräuterwerkstatt in Rastenberg, wo sie uns mit grünem Karottenkuchen und wilder Fruchtrolle zum Kaffee verwöhnte. Wir genossen auch diese Leckerbissen, konnten dabei die ispirierenden Eindrücke der Wanderung im alten Wald noch einmal Revue passieren lassen und uns auch gründlich von der eisigen Kälte dieses Palmsonntags aufwärmen.

Fazit: ein richtig schöner Tag trotz Kälte und Nässe und eine tolle kulinarische Landschafts- und Pflanzenführung von Petra durch einen seltenen und spannenden Wald!

Zu Petras Projekten und zur Hohe Schrecke kann man hier auf dem Laufenden bleiben:

https://www.naturgesehen.de

https://naturschutzprojekt.hoheschrecke.de

Text: Anett / Bilder : Gisela

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